Einer von euch

Die Sonne war draußen heut. Ein bisschen mehr Licht, ein bisschen mehr Wärme – und ich dachte, dass das den Menschen doch eine Freude sein könnte, aber nein, dit is Berlin. Ein Haufen Aggressionen, die überall spürbar nach draußen drängen, sich Luft machen wollen. Gebrüll am Bahnhof, Gezeter im Park; man weiß nicht, was die Leute haben.

Immerhin muss ich das nicht alles hören, die Kopfhörer schirmen ab. Den Typen in der S-Bahn leider nicht sonderlich gut. „Maske runter, du Hurensohn“, brüllt er. Er meint nicht mich, sondern den Anderen im voll besetzten Wagon. Ein Bier in der Hand und auf diese Art wankend, von der man nicht weiß, ist es der Zug oder der Rausch, brüllt er nochmal lauter: „Maske runter, du Hurensohn, wir wollen dein Gesicht sehen.“ Anders als deine Hackfresse. Aber das denke ich nur.

Ein netter Nebeneffekt der Eigenverantwortung ist ja, dass es sich so leicht im Gesicht jener lesen lässt, die alle Masken haben fallen lassen. „Hurensohn“ ist ihnen peinlich. Zu Recht, zu Recht. Denn das ist einer von euch. Aggressiv-aggressiv halt. Nicht so wie ihr – aber irgendwie eben doch. Und das seht ihr in diesem kurzen Moment auch. Ihr seht euch selbst. Ihr seht euch, wie ihr mit einer Flasche Bier in der Hand, dabei so ganz subtil wankend, einfach auf andre scheißt und alle hasst, die euch durch ihre maskierte Existenz daran erinnern.

Eine Bildstörung, nichts weiter.